Auf den zwei Etagen der Halle 11 konnte man auf ca. 150 Ständen „Modern Postwar Art“ und „Contemporary Art“ besichtigen und erwerben. Interessante Talk-Runden ergänzten das attraktive Programm.
Palindrome sind Buchstabenreihen, die vorwärts und rückwärts gelesen den gleichen Sinn ergeben. Im Kunstverein Familie Montez unter der Honsellbrücke findet unter diesem Namen, parallel zur Frankfurter Fashion Week, eine Ausstellung der Geschwister Nina Hollein und Philipp Schweiger statt.
Die Modedesignerin Nina Hollein präsentiert Haute Couture als Upcycling: Aus Reststoffen und Verschnitten entwirft sie skulpturale Unikate. Die Gemälde des Malers Philipp Schweiger zeigen innere Landschaften oder, wie es der Künstler selbst formuliert, eine auf Erinnerung basierende Version idealer Natur.
So unterschiedlich die künstlerische Ausdrucksform, so sehr wird – wie in Palindromen – ein gleicher Sinn sichtbar: Nachhaltigkeit.
Mirek Macke, Chef des Kunstvereins Familie Montez, spricht gern von Berührungspunkten zwischen der Kunst und deren Rezipienten. Der eine mag mehr von der Mode, der andere mehr von der Malerei berührt werden, der Zugang jedenfalls wird hier verdoppelt, nein sogar verdreifacht, weil die Relevanz der Ausstellung angesichts der gerade wieder in ihrer Dramatik sichtbar werdenden Klimakrise so hoch ist.
Für mich ist die Palindrome-Ausstellung ein herausragendes Beispiel zeitgemäßer Kunstvermittlung, das man sich nicht entgehen lassen sollte – sie läuft noch eine Woche bis zum 1. August.
Was ist Kunst? Die einen meinen, Kunst sei, was Experten zu Kunst erklären, andere vertreten die Auffassung, Kunst sei, was ein Künstler für Kunst hält und noch andere betonen, dass es darauf ankomme, was Marktteilnehmer als Kunst empfinden. Schon angesichts des Fehlens einer einheitlichen Definition wird deutlich, dass sich Kunstwerke von ‚normalen‘ Produkten in ‚normalen‘ Märkten unterscheiden. Der französische Soziologe Lucien Karpik spricht von singulären Gütern und führt aus, dass Märkte von singulären Gütern „all die Austauschvorgänge umfassen, in denen es um das »Gute« oder »Richtige« geht. Das Besondere an diesen Produkten ist ihre Mehrdimensionalität, Unvergleichbarkeit und eine zwingend damit verbundene Ungewissheit. Singuläre Güter leben von ihrem Symbolcharakter und ihren Interpretationsmöglichkeiten.
Damit sich für derartige Produkte überhaupt ein Markt bilden kann, bedarf es so genannter Koordinationsregime, die durch Urteilskraft und Vertrauen den Mangel an Bewertbarkeit, Vergleichbarkeit und Sicherheit kompensieren. Diese Instanzen sind "Träger einseitigen Wissens, sie alle wollen den Kunden vertreten, sie alle kämpfen um Einfluss auf ihn“ (Karpik).
Während Märkte für standardisierte oder differenzierte Produkte durch Information, Kalkül und Entscheidungen charakterisiert sind, zeichnen den Markt für singuläre Güter Kenntnis, Qualitätskriterien und Urteile aus. Smartphones etwa kann man anhand ihrer separat ausgewiesenen qualitativen Merkmale gut miteinander vergleichen. Abhängig von den eigenen Nutzenerwartungen und der Preisbereitschaft fällt es nicht sonderlich schwer, Tradeoffs vorzunehmen und so eine begründete und abgesicherte Entscheidung zu treffen. Kunstwerke lassen sich dagegen nicht in ihre qualitativen Komponenten zerlegen, die man dem Preis als Entscheidungsgrundlage gegenüberstellen könnte: Sie sind einzigartig und unteilbar. Hinzu kommt die Unsicherheit über den Wert des Kunstwerkes.
Ästhetische Urteile über Kunst haben mit dem wahrnehmenden Subjekt, also dem Rezipienten, nicht mit dem Objekt, also dem Kunstwerk zu tun. An die Stelle der ‚objektiven‘ Entscheidungen treten ‚subjektive‘ Urteile. Karpik: „Der Kunstmarkt kann nur durch einen verzweigten Kulturbetrieb existieren, der sich aus Kritikern, Kunsthistorikern, Museumsdirektoren, Professoren, Sammlern, Galeristen, Auktionatoren und Kennern zusammensetzt.“
Koordinationsregime wirken als Entscheidungshilfen, vorausgesetzt die Marktakteure haben sich, quasi stillschweigend, auf die entsprechende soziale Instanz verständigt. Einem Museumsdirektor z.B. wird die institutionelle Autorität zugeschrieben, den künstlerischen Wert eines Kunstwerkes einschätzen zu können. Seine Authentifizierung liefert dann die Basis des Transaktionsvorgangs und ergänzt das Gesetz von Angebot und Nachfrage.
Kunstwerke leben somit von ihrem Symbolcharakter und ihren Interpretationsmöglichkeiten.
Does anyone know a market where 3 countries account for 95% of global sales? 50% on average in all industries, up to 65% in premium categories, these are the expected shares of the „big 3“ in the world markets, but 95%?
Indeed, in the art market, USA (42%), China (21%) and Western Europe (32%, UK alone 20%) represent 95% of total.
How can this be explained?
It has certainly developed to some extent historically, if you think of the big auction houses in England. But it also has to do with the total commercialization of art - art as an investment: the centers of the capital market are New York, Shanghai and London.
Is there any argument in favor of fewer artists, or worse art in the rest of the world, the 5% of the market? I do not think so! I could even imagine the opposite: the less an artist copies successful competitors in the market, the more authentic his art.
There is obviously a lot to discover in Africa, Asia, Eastern Europe, South America and Oceania! Wouldn’t it be interesting to bring together talented artists from the "5% world" with the market players of the "95% world" (galleries, collectors, etc.)?
Schaut man sich Statistiken zur bildenden Kunst an, so fällt eine Zahl auf, die man wohl so nicht erwartet hätte: ein Schweizer gibt 7,5 mal mehr für Kunst aus als ein Deutscher!
Es gibt dafür eine Reihe von Gründen, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, etwa den historischen Bruch mit der zeitgenössischen Kunst 1933-45 oder die hohe Abgabenbelastung (MwSt., KSK etc.) in Deutschland.
Es geht uns um die Gegenwärtigkeit der Kunst: man kann schlecht Interesse an Kunst entwickeln, wenn man ihr nicht regelmäßig begegnet.
Natürlich haben wir großartige Museen und sind, nebenbei gesagt, auch das Land, das weltweit am meisten staatliches Geld für Kultur ausgibt. Allerdings kann man in Museen nur etablierte, nicht die neueste, aktuellste Kunst erleben. Und kaufen kann man sie dort natürlich auch nicht.
Rechnet man die Schätzungen zu Galeriebesuchern um, ergibt sich eine weitere überraschende Zahl: die rund 800 deutschen Kunstgalerien erreichen weniger als 3% der Bevölkerung! Wie soll da Begehrlichkeit entstehen?
Zum Vergleich: ein Luxusprodukt wie Porsche erreicht nur 0,8% Marktanteil in Deutschland, aber 90% kennen und 75% mögen die Marke. Ohne eine ausreichende kommunikative Basis können auch elitäre Produkte nicht existieren.
In der Schweiz werden regionale Künstler massiv mit öffentlichen Ausstellungen unterstützt, was sie dann auch für Galeristen interessant werden lässt.
Und es gibt eine aktive Kunstszene, die den Aufbau von Markenidentität für Galeristen attraktiv macht.
Die Weltmarktführer unter den Galerien sind Marken mit klarer Identität. Von den Top 3-Galerien weltweit sind 2 in der Schweiz vertreten. Und Sie ahnen es: keiner von ihnen betreibt eine Niederlassung in Deutschland!
Die größte Volkswirtschaft Europas erweist sich im internationalen Kunstmarkt als Zwerg!